Mac Faraday glaubt nicht, dass sich sein Freund Ned das Leben genommen hat. Er beginnt auf eigene Faust zu ermitteln, denn wenn es nicht Selbstmord war, muss es Mord gewesen sein. Faradays Nachforschungen führen ihn zu einer Erziehungsanstalt. Dabei entdeckt er eine Mädchenleiche in einem stillgelegten Bergwerksschacht. Nach und nach kommt Faraday denen auf die Spur, die zahllose Mädchen aus der Erziehungsanstalt missbraucht haben. Je näher er der Wahrheit kommt, desto mehr bringt ihn seine Recherche selbst in Gefahr.
Präzise und lakonisch zeigt Temple die dunklen Seiten des fünften Kontinents.
Präzise und lakonisch zeigt Temple die dunklen Seiten des fünften Kontinents.
buecher-magazin.deDer Australier Peter Temple wurde erst vor wenigen Jahren zum ersten Mal ins Deutsche übersetzt. Das Original von "Die Schuld vergangener Tage" erschien bereits vor 18 Jahren. Held ist der ehemalige Polizist John MacFaraday, der auf einem einsam gelegenen Anwesen eine Schmiede betreibt. Als sein alter Bekannter Ned tot aufgefunden wird, gerät Johns beschauliches Dasein in eine gefährliche Schieflage. Es gibt Anzeichen, dass Ned etwas über eine nie identifizierte Frauenleiche wusste. Ohnehin glaubt John nicht daran, dass Ned Selbstmord begangen haben könnte, und beginnt, nebenbei ein wenig zu recherchieren. Dabei deckt er nach und nach ein Komplott auf, das mit Snuff-Videos zu tun hat und bis in höhere Polizei- und andere Kreise reicht. Man muss beim Lesen ein wenig aufpassen, dass man in der figurenreichen Handlung nicht den Überblick verliert. Recht vollgepackt wirkt das Ganze, zu viele attraktive Frauen laufen durchs Bild, eine völlig unmotivierte Sexszene wird eingebaut, und insgesamt ist dem Roman anzumerken, dass der Autor noch nicht so weit war, seine Mittel optimal einzusetzen, und vieles auf Effekt bürstet. Sicher nicht der beste Temple, aber immerhin angemessen spannend.
© BÜCHERmagazin, Katharina Granzin (kgr)
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.10.2016Einer flog über das Purpurnest
Krimis in Kürze: Robert Harris und Peter Temple
Mit Robert Harris ist das so eine Sache. Einerseits hat er ein paar der besten und gleichzeitig erfolgreichsten Thriller der letzten fünfundzwanzig Jahre geschrieben - etwa "Vaterland" oder "Enigma" -, andererseits hat er mit "Ghost und "Angst" auch wenig überzeugende Gegenbeispiele vorgelegt. Richtig zuhause ist er auf antikem Gelände, sei es beim Untergang von "Pompeji" oder wie zuletzt in einer dreibändigen Romanbiographie über Marcus Tullius Cicero (F.A.Z. vom 5. November 2015). Harris ist jedenfalls nie um eine Idee verlegen, warum er sich in dem heute erscheinenden Roman "Konklave" (Heyne, 352 S., geb., 21,99 [Euro]) allerdings auf die Papstwahl verlegt hat, bleibt sein Geheimnis.
Leider das einzige allein auf weiter Flur. Vielleicht ist die Ausgangslage einfach doch zu vertraut: Der Papst liegt tot in seinem Bett, die Wahlversammlung wird einberufen, und die drei Tage ihrer Dauer bilden den Rahmen des Romans. Der verstorbene Papst hat nicht zufällig Ähnlichkeiten mit dem aktuellen, und auch Joseph Ratzingers Biographie dient als zeithistorische Folie. Hauptfigur des Geschehens ist der Dekan des Heiligen Kollegiums, Kurienkardinal Jacopo Lomeli, die Nummer zwei im Vatikan. Ein der Neutralität verpflichteter Spitzendiplomat, der wegen einer Glaubenskrise kurz vor dem Tod des Papstes um die Entbindung von seinen Ämtern gebeten hatte. Jetzt aber muss er die Zügel in die Hand nehmen, um das Konklave zu einem raschen Ergebnis zu führen. Die Weltöffentlichkeit hat das Warten verlernt.
Was im Inneren des Kirchenstaates vor sich geht, kann selbst in dem vor keiner Wiederholung zurückschreckenden Thrillergenre als abgenudelt gelten. Natürlich war Harris zur Recherche in der Sixtinischen Kapelle, aber ohne wikipediahafte Belehrungen kommt er nicht aus: "Er schlüpfte mit den Armen in die scharlachrote Soutane aus Wolle und schloss die dreiunddreißig Knöpfe, die vom Hals bis zu den Fesseln reichten - ein Knopf für jedes Jahr Christi Leben." Zum Glück schreibt Harris jenseits solcher Fleißbildchen insgesamt doch so routiniert, dass die Spannungskurve einigermaßen hält.
Freilich lässt er, bevor er ans Ende seiner sehr vorhersehbaren Geschichte gelangt, nichts aus: den Kandidaten aus Schwarzafrika, der als Kindsvater enttarnt wird, den finsteren venezianischen Reaktionär, der die "Diktatur des Relativismus" geißelt und der auf den Namen Tedesco hört, den ehrgeizigen Kanadier, der Stimmen kauft, schließlich einen weißen Ritter aus Bagdad, den der Papst "in pectore", einem Geheimverfahren, zum Kardinal erhoben hat, was dieser mit einer Urkunde belegen und danach am Konklave teilnehmen kann. Ein kometenhaft aufgestiegener Philippiner, der in den Slums von Asien und in den Bürgerkriegen Afrikas das Elend der Welt erfahren hat.
Man kann sich also sehr früh denken, wer das Konklave als Papst verlassen wird. Und so stellt man sich auf die schrecklichste und platteste Pointe ein, hofft inständig, Harris würde sie sich verkneifen. Tut er aber nicht. Die Bestsellerliste wartet schon.
Dort wird Peter Temples "Die Schuld vergangener Tage" (Penguin, 336 S., br., 10,- [Euro]) vermutlich nicht landen. Der Roman ist vor achtzehn Jahren unter dem Titel "An Iron Rose" erschienen. Sein Autor hatte zwei Jahre zuvor mit dem Krimi "Bad Debts" (Vergessene Schuld, dt. 2007) debütiert. Lange blieb Temple ein inneraustralisches Phänomen, galt als nicht exportfähig. Das änderte sich weltweit erst mit "The Broken Shore" (Kalter August, dt. 2005).
Bei Temple könnte die Konkurrenz lernen, wie man Lakonik, bildmächtige Sprache und plausible Dialoge so kombiniert, dass mit wenigen Strichen eine Stimmung entsteht. Sein Personal hat häufig eine Vorgeschichte, gibt diese aber nur sehr widerwillig preis. So auch MacArthur John Faraday, ein ehemaliger Sergeant der Bundespolizei, der wegen einer verbockten Observation eines Drogenhändlers seinen Job aufgab, aufgeben musste. "Nach dreizehn Jahren Vertrauen und Selbstachtung. Sogar Stolz. Sie endeten in einem schmierigen kleinen, mit Resopal verkleideten Büro, das nach Zweifel stank."
"Mac", sagt die Stimme. "Ned ist tot." - Als die Handlung einsetzt, arbeitet Faraday als Schmied. Sein väterlicher Freund, der Handwerker Ned, wird erhängt in der Scheune gefunden. Faraday hat größte Mühe, an Selbstmord zu glauben, zumal im Abstand weniger Tage ein zweiter Selbstmord durch Erhängen bekannt wird, ein Mann, den Ned kannte. Die Spur führt zu einer Verwahranstalt für straffällig gewordene Mädchen. In deren Umgebung fand man die Überreste einer nackten Mädchenleiche in einem Stollen. Typisch Temple: Macs private Nachforschungen führen in die Oberschicht, die das Land schamlos ausbeutet. Temple grundiert auch diese Geschichte mit einer nie ausgesprochenen Sehnsucht nach dem, worum es eigentlich gehen könnte, wenn nicht Neid, Habgier und Gewalt den Alltag regieren würden. Der Roman ist nicht gealtert, man kann einem Frühvollendeten bei der Arbeit zusehen.
HANNES HINTERMEIER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Krimis in Kürze: Robert Harris und Peter Temple
Mit Robert Harris ist das so eine Sache. Einerseits hat er ein paar der besten und gleichzeitig erfolgreichsten Thriller der letzten fünfundzwanzig Jahre geschrieben - etwa "Vaterland" oder "Enigma" -, andererseits hat er mit "Ghost und "Angst" auch wenig überzeugende Gegenbeispiele vorgelegt. Richtig zuhause ist er auf antikem Gelände, sei es beim Untergang von "Pompeji" oder wie zuletzt in einer dreibändigen Romanbiographie über Marcus Tullius Cicero (F.A.Z. vom 5. November 2015). Harris ist jedenfalls nie um eine Idee verlegen, warum er sich in dem heute erscheinenden Roman "Konklave" (Heyne, 352 S., geb., 21,99 [Euro]) allerdings auf die Papstwahl verlegt hat, bleibt sein Geheimnis.
Leider das einzige allein auf weiter Flur. Vielleicht ist die Ausgangslage einfach doch zu vertraut: Der Papst liegt tot in seinem Bett, die Wahlversammlung wird einberufen, und die drei Tage ihrer Dauer bilden den Rahmen des Romans. Der verstorbene Papst hat nicht zufällig Ähnlichkeiten mit dem aktuellen, und auch Joseph Ratzingers Biographie dient als zeithistorische Folie. Hauptfigur des Geschehens ist der Dekan des Heiligen Kollegiums, Kurienkardinal Jacopo Lomeli, die Nummer zwei im Vatikan. Ein der Neutralität verpflichteter Spitzendiplomat, der wegen einer Glaubenskrise kurz vor dem Tod des Papstes um die Entbindung von seinen Ämtern gebeten hatte. Jetzt aber muss er die Zügel in die Hand nehmen, um das Konklave zu einem raschen Ergebnis zu führen. Die Weltöffentlichkeit hat das Warten verlernt.
Was im Inneren des Kirchenstaates vor sich geht, kann selbst in dem vor keiner Wiederholung zurückschreckenden Thrillergenre als abgenudelt gelten. Natürlich war Harris zur Recherche in der Sixtinischen Kapelle, aber ohne wikipediahafte Belehrungen kommt er nicht aus: "Er schlüpfte mit den Armen in die scharlachrote Soutane aus Wolle und schloss die dreiunddreißig Knöpfe, die vom Hals bis zu den Fesseln reichten - ein Knopf für jedes Jahr Christi Leben." Zum Glück schreibt Harris jenseits solcher Fleißbildchen insgesamt doch so routiniert, dass die Spannungskurve einigermaßen hält.
Freilich lässt er, bevor er ans Ende seiner sehr vorhersehbaren Geschichte gelangt, nichts aus: den Kandidaten aus Schwarzafrika, der als Kindsvater enttarnt wird, den finsteren venezianischen Reaktionär, der die "Diktatur des Relativismus" geißelt und der auf den Namen Tedesco hört, den ehrgeizigen Kanadier, der Stimmen kauft, schließlich einen weißen Ritter aus Bagdad, den der Papst "in pectore", einem Geheimverfahren, zum Kardinal erhoben hat, was dieser mit einer Urkunde belegen und danach am Konklave teilnehmen kann. Ein kometenhaft aufgestiegener Philippiner, der in den Slums von Asien und in den Bürgerkriegen Afrikas das Elend der Welt erfahren hat.
Man kann sich also sehr früh denken, wer das Konklave als Papst verlassen wird. Und so stellt man sich auf die schrecklichste und platteste Pointe ein, hofft inständig, Harris würde sie sich verkneifen. Tut er aber nicht. Die Bestsellerliste wartet schon.
Dort wird Peter Temples "Die Schuld vergangener Tage" (Penguin, 336 S., br., 10,- [Euro]) vermutlich nicht landen. Der Roman ist vor achtzehn Jahren unter dem Titel "An Iron Rose" erschienen. Sein Autor hatte zwei Jahre zuvor mit dem Krimi "Bad Debts" (Vergessene Schuld, dt. 2007) debütiert. Lange blieb Temple ein inneraustralisches Phänomen, galt als nicht exportfähig. Das änderte sich weltweit erst mit "The Broken Shore" (Kalter August, dt. 2005).
Bei Temple könnte die Konkurrenz lernen, wie man Lakonik, bildmächtige Sprache und plausible Dialoge so kombiniert, dass mit wenigen Strichen eine Stimmung entsteht. Sein Personal hat häufig eine Vorgeschichte, gibt diese aber nur sehr widerwillig preis. So auch MacArthur John Faraday, ein ehemaliger Sergeant der Bundespolizei, der wegen einer verbockten Observation eines Drogenhändlers seinen Job aufgab, aufgeben musste. "Nach dreizehn Jahren Vertrauen und Selbstachtung. Sogar Stolz. Sie endeten in einem schmierigen kleinen, mit Resopal verkleideten Büro, das nach Zweifel stank."
"Mac", sagt die Stimme. "Ned ist tot." - Als die Handlung einsetzt, arbeitet Faraday als Schmied. Sein väterlicher Freund, der Handwerker Ned, wird erhängt in der Scheune gefunden. Faraday hat größte Mühe, an Selbstmord zu glauben, zumal im Abstand weniger Tage ein zweiter Selbstmord durch Erhängen bekannt wird, ein Mann, den Ned kannte. Die Spur führt zu einer Verwahranstalt für straffällig gewordene Mädchen. In deren Umgebung fand man die Überreste einer nackten Mädchenleiche in einem Stollen. Typisch Temple: Macs private Nachforschungen führen in die Oberschicht, die das Land schamlos ausbeutet. Temple grundiert auch diese Geschichte mit einer nie ausgesprochenen Sehnsucht nach dem, worum es eigentlich gehen könnte, wenn nicht Neid, Habgier und Gewalt den Alltag regieren würden. Der Roman ist nicht gealtert, man kann einem Frühvollendeten bei der Arbeit zusehen.
HANNES HINTERMEIER
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Fritz Göttler kann gar nicht genug von diesem Roman des Australiers Peter Temple erzählen und zitieren. Er hält auf den australischen Autor einfach große Stücke. "Die Schuld vergangener Tage" erzählt von einem einstigen Under-Cover-Agenten, der sich in die australische Provinz zurückgezogen hat, um seinem früheren Leben voller Täuschung und Unwahrheit zu entkommen, bis ihn der Tod seines Nachbarn wieder in die Welt der Gewalt und der Korruption zurückzieht. Göttler erkennt darin eine sehr klassische Erzählung und im Detektiv eigentlich einen Odysseus, "der auf seiner Irrfahrt durch fremde, trostlose, tragische Geschichten insgeheim auf dem Weg nach Hause ist". Temples kluge Beobachtungen zum Bösen nimmt er dabei auch noch gern mit.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Bei Peter Temple könnte die Konkurrenz lernen. Der Roman ist nicht gealtert. Man kann einem Frühvollendeten bei der Arbeit zusehen.« Hannes Hintermeier, FAZ